Im letzten Teil (hier nachlesen) schrieb ich darüber, wie ich meine persönliche Erleuchtung unerwartet auf dem überfüllten Auslagetisch eines grossen Buchladens entdeckte. Die Aussicht auf mehr Freude im Leben für sagenhafte €4.99 verschaffte mir schon mehr Lebenfreude noch bevor ich an der Kasse stand.
zwei von zehn
Heute möchte ich etwas mehr ins Detail gehen.
Patanjalis 10 Gebote der Lebensfreude eignen sich auch für diejenigen, die keine Zeit oder Lust auf Yoga-Stunden haben und sich vielleicht insgeheim davor fürchten, irgendwie esoterisch rüber zu kommen. Also keine Angst: Du brauchst nichts zu ändern in deinem Leben. Lebe weiter wie bis anhin. Baue die freundlichen Gebote (natürlich freiwillig) nach und nach in dein Leben ein. Der Rest kommt von selbst.
Wie im ersten Beitrag erwähnt, teilt Patanjali die Yoga-Lehre in acht Stufen ein. Die zehn freundlichen Gebote behandeln die ersten beiden davon. Und von diesen zehn Geboten erläutere ich hier nur die ersten beiden. Ich bin überzeugt, würde die Menschheit nur schon die ersten beiden freundlichen Gebote, gerade einmal 20% der zehn Gebote, einigermassen beherzigen – die Welt würde sich radikal ändern.
Also. Das erste freundliche Gebot hat den wohlklingenden Namen Ahimsa. Dieses Sanskritwort lässt sich mit „Nicht-Gewalt“ oder „Gewaltlosigkeit“ umschreiben. Das zweite Gebot nennt sich Satya und meint „Wahrhaftigkeit“ oder „Nicht-Lügen“.
Soweit alles im grünen Bereich, das ist grundsätzlich nichts Neues. Wir verurteilen alle Gewalt und Lügen. Doch ganz so einfach kommt man bei Patanjali nicht davon.
Ahimsa – die Gewaltlosigkeit
Das erste Gebot ist eine Art Einsteigerdroge ins theoretische Yoga. Mit Ahimsa, also Gewaltlosigkeit, können wir uns alle identifizieren. Wir prügeln nicht einfach los, verurteilen Kriege und wünschen uns mehr Frieden auf dieser Welt.
Aber Patanjali lehrt uns mehr: Die Gewaltlosigkeit auf allen Ebenen. Die körperliche ist nur eine davon. Gewaltlosigkeit bedeutet nicht nur gewaltfreies Handeln sondern auch friedvolles Denken und eine friedvollere Sprache. Gedanken wie Dem werde ich’s schon noch zeigen oder Der hat’s verdient gehören also genauso dazu.
Nun, keine körperliche Gewalt anzuwenden fällt den meisten Menschen wohl am leichtesten. Eine friedvolle Sprache – da wird’s schon schwieriger. Wie schnell wird geflucht oder sagen wir aus Ärger oder Wut Dinge, die andere verletzen. Und noch einmal schwieriger wird es mit den Gedanken…
Ahimsa soll uns lehren, wie Patanjali das ausdrücken würde, unseren Charakter zu verfeinern und zu veredeln. Es geht nicht darum, den Dalai Lama zu spielen. Vielmehr geht es darum, sich selber im Alltag bewusster zu beobachten. Wenn wir uns bewusster reflektieren und dadurch friedlicher im Alltag werden, wird sich dies auch auf unsere Umwelt auswirken. Und das, würde ich mal behaupten, kann die eigene Lebensfreude wiederum beträchtlich erhöhen.
Übrigens: Auch gegenüber uns selber sollen wir nicht zu hart sein. Sondern genau so friedfertig und geduldig wie gegenüber unserer Umwelt. Hat’s nicht geklappt? Verzeih‘ dir selbst und versuche es noch einmal.
Die Flanders-Falle
Einen Stolperstein gibt es aber. Schliesslich kann man es mit Gutmütigkeit und Friedfertigkeit auch übertreiben.
Wer schon mal Simpsons geschaut hat, kennt bestimmt Homers Nachbarn Ned Flanders. Der ist immer freundlich, immer hilfsbereit, immer anständig, immer kompromissbereit.
Und damit du vor lauter Ahimsa nicht zum Flanders wirst, einfach alles runterschluckst und auf Dauer-Harmonie machen musst bis du es selber nicht mehr aushältst, gibt es Satya, das zweite freundliche Gebot.
Dieses baut auf das erste Gebot auf, beinhaltet und erweitert es gleichzeitig.
Spätestens beim zweiten freundlichen Gebot wird klar: Die Umsetzung könnte schwieriger werden als zuerst vermutet und länger dauern als ursprünglich geplant.
Doch davon mehr im nächsten Beitrag.
Bildnachweis: schiffner / photocase.de