Nur dank vieler Zufälle wurde Hildegard von Bingen die wahrscheinlich geschätzteste und respektierteste Frau im 12. Jahrhundert.
Der Grat zwischen Heiligsprechung und Scheiterhaufen war eng, im deutschsprachigen Raum des 12. Jahrhunderts. Die katholische Kirche waltete stur und dogmatisch und versuchte alles zu durchdringen. Frauen galten per Definition als dem Manne untertan und aufgrund ihrer bescheidenen Fähigkeiten als nicht so viel wert wie ein Mann. Es war ganz klar eine Männerwelt. Für freies Gedankengut war wenig Platz übrig und es wurde eine hohe Autoritätshörigkeit gefordert.
Schlechte Voraussetzungen also für eine so aussergewöhnliche Frau wie Hildegard von Bingen. Schon sehr früh zeigte sie nämlich ihre präkognitiven Gaben. Unter anderen Umständen wäre sie wohl als Teufelsbraut zum Tode verurteilt worden. Doch Hildegard hatte Glück, sie stammte aus adligem Hause und bekam Schutz in einem Frauenkloster.
Ab ins Kloster
Hinter den Klostermauern allerdings lag eine andere Welt. Obwohl eingeengt in viele Rituale und Regeln lebten die Frauen oft eine sehr weibliche Welt, waren sehr gebildet und konnten Gedanken austauschen.
In einem solchen Kloster landete Hildegard mit gerade mal acht Jahren und lebte dort fast schon wie im Gefängnis völlig abgetrennt von der Aussenwelt, betreut nur durch ihre Mentorin Jutta von Sponhein.
Abseits der dunklen Welt vor den Mauern und umgeben von Menschen, die ihre Visionen schätzten und förderten, wuchs Hildegard zu einer grossen Visionärin heran. Immer wieder wurde sie fast schon überfallen von Eingaben, die dann nur so aus ihr heraussprudelten. Aus diesem Grund hatte sie später meist einen Sekretär dabei, der sofort alles aufschrieb. Denn erinnern konnte sie sich daran im Nachhinein nur noch schwer und unvollständig.
Zwischen Kreuz und Kraftort
In dieser dunklen, streng katholischen Zeit war aber nicht alles dunkel und streng katholisch. Noch immer war viel heidnisches Wissen vorhanden, dass allerdings bewusst verdrängt und ausgerottet wurde. Vor allem die irischen Wandermönche haben in den Jahren davor ein anderes, offeneres Christentum verbreitet. Diese Lehren waren zudem verwoben mit altem (heidnischen) Wissen um Kraftorte, Mediationstechniken und ähnlichem. Und dieses Wissen lebte vielerorts, sehr versteckt natürlich, weiter.
So auch im Kloster Disibodernberg, wo Hildegard wirkte, bevor sie ihr eigenes Kloster Rupertsberg eröffnete. Beide Orte lagen an einem schon lange bekannten Kraftort. Gut möglich, dass diese speziellen Orte ihre Fähigkeiten erst so richtig beflügelten.
Zwischen den Zeilen
Hildegard musste vorsichtig sein mit ihren Prophezeiungen und Visionen. Wie bereits erwähnt, der Grat zwischen Leben und Tod war eng. So konnte sie, wie viele andere auch, Ihre Visionen nicht klar ausformuliert niederschreiben, sondern musste sie in religiöse Abhandlungen verpacken. Dies tat sie vor allem in ihrem grossen Werk Scrivias, und dort wiederum vor allem im hauptsächlich zwei der vielen Kapiteln.
Anscheinend ist es gar nicht so einfach, die Grenze zu ziehen zwischen religiösen Ausführungen und klaren Visionen.
Schön und gut, denkst du dir. Aber was hat sie denn jetzt prophezeit? Welche Visionen hatte sie?
Lies weiter in unten genanntem Buch oder warte auf den dritten Teil!
(Bis dahin: diesen Blog zu lesen und ihn zu teilen ist sowieso eine grossartige Idee. Dann werde ich bald reich und habe ganz viel Zeit noch mehr über Hildegard und ihre Welt zu lesen!)
Die Informationen in diesem Beitrag stammen hauptsächlich aus dem Buch Die berühmtesten Propheten Europas und ihre Weissagungen für das Dritte Jahrtausend von Manfred Böckl.
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